push2talk - USB-Fußschalter zum Muten/Unmuten

Fertiges push2talk Gerät mit Fußschalter zum Anschluss via USB

Fertiges push2talk Gerät mit Fußschalter zum Anschluss via USB

Durch COVID-19 hat auch bei mir die Zahl der Tele- und Videokonferenzen stark zugenommen. Insbesondere dann, wenn viele Personen gleichzeitig teilnehmen, finde ich es wichtig, wenn alle, die gerade nicht sprechen, ihr Mikrofon stummstellen. So reduzieren sich störende Hintergrundgeräusche doch deutlich, und man versteht diejenige Person, die gerade spricht, viel besser.

Leider klappt das mit dem Stummschalten, und auch das Wiederaktivieren des Mikros nicht immer. Das haben wohl viele schon erlebt: Jemand vergisst das Stummschalten und alle anderen Konferenz-Teilnehmer werden unfreiwillig Zeuge von Geklapper, dem Schlürfen an einer Tasse oder sogar einem anderem, parallelem Gespräch am Handy. Oder jemand anderes beteiligt sich an der eigentlichen Diskussion und wundert sich, dass ein Feedback ausbleibt, bis sie oder er feststellt, dass das eigene Mikrofon noch gemutet ist.

Um da ein wenig Abhilfe zu schaffen, habe ich deshalb ein Gerät gebastelt, welches ich in diesem Artikel vorstellen möchte.

Herzstück dieses Geräts ist ein PRJC Teensy 2.0 Board. Dieses Board besitzt einen Atmel MEGA32U4 Mikrocontroller mit einem USB 2.0 Device Module On-Chip, so dass man dieses Board bspw. als USB Human Interface Device (HID) einsetzen kann. Dieses Board kann also als USB-Maus oder -Tastatur fungieren. In dem Projekt push2talk habe ich das ausgenutzt, um auf Wunsch diejenigen Tastatur-Codes abzusetzen, die das Muten/Unmuten des Mikrofons auslösen.

Auslösen kann ich das Absetzen der Tastatur-Codes über einen Fußschalter, der an einem GPIO des Teensy 2.0 hängt. Wird der Fußschalter gedrückt (fallende Flanke am GPIO) wird der Tastatur-Code für das Unmuten ausgelöst. Nimmt man den Fuß wieder vom Fußschalter, erzeugt dies eine steigende Flanke am GPIO und der Tastatur-Code für das Muten wird vom MEGA32U4 an den Computer gesendet. Der Vorteil des Fußschalters ist für mich, dass man die Hände frei hat für Tastatur und Maus. Der Fußschalter dabei ist mit einem Cinch-Stecker an dem Gehäuse mit dem Teensy 2.0 angeschlossen. Es kann also prinzipiell jede andere Art von Taster verwendet werden.

Nun gibt es ja eine Reihe verschiedener Software für Tele- und Videokonferenzen, die alle auch individuelle Tastatur-Codes für das Muten/Unmuten haben. Um nicht immer mein push2talk-Gerät neu programmieren zu müssen, kann ich Tastatur-Codes, die ich zuvor in der Software festgelegte habe, auswählen. Das geht über einen Drucktaster im Gehäuse des push2talk-Geräts (im Bild am Anfang dieses Artikels ist das der blaue Taster). Am besten öffnet man ein leeres Textdokument, setzt den Cursor da hinein und drückt dann die blaue Taste. Push2talk gibt die jeweilige Tastenkombination als Text aus.

Die Software für den Teensy habe ich in der Arduino-IDE geschrieben. Die Arduino IDE läßt sich so anpassen (Beschreibung hier), dass auch die PRJC Teensy-Boards damit programmiert werden können.

Die Software für den Teensy kann hier von meinem Github-Account heruntergeladen werden. Sie ist recht simpel. Das Entprellen der Taster habe ich mit der Arduino-Bibliothek bounce2 gemacht. Die aktuell ausgewählten Tasten-Codes werden auch im EEPROM des Mikrocontrollers abgelegt. So "erinnert" sich der Mikrocontroller an diese Einstellung auch bei einem Power-Cycle.

Push2talk funktioniert bei mir schon seit mehreren Wochen sehr gut und ist häufig im Einsatz. Allerdings gibt es auch Einschränkungen. Einige Konferenz-Software hat Tastatur-Codes zum Muten/Unmuten, die auch dann funktionieren, wenn das Programmfenster gerade nicht aktiv ist. Das ist so bspw. bei Skype for Business (Windows+F4). Das heißt, ich kann in einer ganz anderen Anwendung sein und die Fußtaste drücken, und das Mikrofon in Skype for Business wird gemutet bzw. unmutet. Bei anderen Konferenz-Anwendungen, wie bspw. Webex, Jitsi, BigBlueButton und vielen anderen funktioniert das nur, wenn das jeweilge Anwendungsfenster des Konferenzprogramms aktiv ist. das ist natürlich nicht so toll. Wenn man eh schon Tastatur/Maus verwenden muss, um in das richtige Anwendungsfenster zu gelangen, kann man Tastatur/Maus ja auch zum Muten/Unmuten verwenden.

Natürlich muss klar sein, dass diese Tastatur-Codes das Mikrofon nur software-seitig ausschalten. Was der Rechner dann mit dem Audio macht, ob ein Stream irgendwo hin übertragen oder sogar mitgeschnitten werden kann, steht auf einem anderen Blatt (siehe auch diesen Beitrag auf Fefes Blog zu einem diesbezüglichen Bugreport zu BigBlueButton). Ein Freund hat mich darauf hingewiesen, dass es in Bezug auf Daten- und Persönlichkeitsschutz am besten wäre, das Mikrofon hardware-seitig ausschalten zu können. Richtig - allerdings ist das mit den modernen, kompakten und teilweise via Funk oder USB angeschlossenen Mikrofonen nicht mehr so einfach realisierbar.

Ich bin trotzdem zufrieden mit push2talk. Und ich habe eine Menge darüber gelernt, wie ich MEGA32U4-basierte Mikrocontroller-Boards als HID-Devices verwenden kann.